An einem Vormittag von der Antike bis ins 19. Jahrhundert
Datum: Juni 2016
Art: Individualtrip
Ort: Capua und Santa Maria Capua Vetere, Kampanien, Italien
Verfasser: Dirk Röder
Rund 30 Autominuten vor den Toren Neapels gelegen, über die Autobahn gut angebunden, empfängt einen Capua mit dem typisch schmuddeligen Flair einer süditalienischen Kleinstadt. Einkaufszentren und Gewerbeflächen am Stadtrand weichen Wohnhäusern, Geschäften und Lädchen, je weiter man in Richtung der beiden Zentren vordringt. Einige geschichtliche Vorkenntnisse sind schon von Nöten, um sich in den nahezu nahtlos ineinander übergehenden Ortschaften Capua und Santa Maria Capua Vetere zurecht zu finden.
Amphitheater in Santa Maria Capua Verde
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Santa Maria Capua Vetere, einst bedeutende römische Metropole, wurde im 9.Jh. von den Sarazenen nahezu vollständig zerstört. Heute erhalten sind noch das beeindruckende Amphitheater, von dem aus Spartakus seinen Sklavenaufstand begann, ein Stadttor sowie verschiedene Ausgrabungsstellen im Bereich des Archäologischen Museums.
Wir erreichen das Amphitheater mit dem Auto am Morgen, um es noch vor eventuellen Touristenströmen in Ruhe erkunden zu können. Montags ist es geschlossen, an jedem ersten Sonntag im Monat ist der Eintritt frei, wie in ganz Italien. Wir erstehen Tickets für 4€ p.P. und widmen uns dem nach Rom zweitgrößten Amphitheater seiner Zeit..
Ein kleines Gladiatorenmuseum informiert über das damalige Treiben in der Arena, die Arena spricht dann aber für sich selbst. Anders als in Rom, kann man sich hier in den Katakomben frei bewegen und die ausgeklügelten Mechanismen des antiken Unterhaltungsbetriebes nach Lust und Laune erkunden. Das tun wir etwa eine Stunde lang unter- und oberirdisch, bevor wir uns im Café am Ausgang einen Espresso gönnen und anschließend mit dem Auto nach Capua fahren (etwa 10min).
Befestigte Stadt Capua
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Das heutige Capua wurde in einer Flussbiegung des Volturno durch die Langobarden neu errichtet und im 16. Jh. zur Befestigten Stadt ausgebaut. Gut erhalten sind vor allem der östliche Bastionsgürtel mit Graben und dem prächtigen Porta Napoli, sowie die Zitadelle nebst einigen Kasernenbauten in der Stadt. 1860 war Capua Teil der Schlacht am Volturno, in der Garibaldi die neapolitanische Armee besiegte.
Ein weiteres Highlight ist die Ponte Romano über den Volturno mit dem berühmten Friedrichstor aus dem 13. Jahrhundert.
Unser gut anderthalbstündiger Rundweg (2,5 km) durch die befestigte Stadt beginnt in der Via Napoli, am Parco Delle Fortificazioni, einem kleinen Vergnügungspark vor den südöstlichen Mauern. Von hier aus hat man einen tollen Blick über den breiten Graben auf den Bastionsgürtel und das Porta Napoli.
Um das Porta Napoli frontal zu durchlaufen, machen wir einen kleinen Umweg nach Westen in die Via Raffaele Mariani und dann durch einen kleinen Park am südlichen Ravelin in Richtung Via Ferrovia. Dieser in Richtung Nordosten folgend gelangt man auf die Brücke zum Porta Napoli und wird mit tollen Bildern belohnt.
Betritt man Capua durch das Porta Napoli, steht man vor dem Teatro Ricciardi mit seiner neoklassizistischen Fassade. Wir wenden uns aber nach links und folgen der Stadtmauer. Nach wenigen Metern gibt es einen Eingang zum Stadtpark, der leider verschlossen war. Von der Bastion aus hat man sicher einen schönen Blick in den Graben und auf die Vorstadt.
Also weiter an den Mauerresten historischer Gebäude entlang bis zur nächsten Möglichkeit rechts abzubiegen, die Via Corte della Baglivia. Nach wenigen Metern steht man dann mitten auf dem Corso Appio, einer schmalen, aber belebten Straße quer durch die Stadt. Kleine Lädchen reihen sich aneinander und laden zum Shoppen ein. Fußgänger und Vespas quetschen sich an parkenden oder fahrenden Autos vorbei. Das wirkt ursprünglich aber auch etwas störend.
Linker Hand öffnet sich der Piazza dei Giudici mit der Stadtverwaltung, der Tourist-Info, der Chiesa di Sant Eligio, einigen Bars und Restaurants. Bevor man den brodelnden Platz betritt, befindet sich an der rechten Seite eine Schautafel mit einem Lageplan zur historischen Festungsstadt. Immerhin ein erster Lichtblick, nachdem ich im Internet sehr tief graben musste, um zur Festungsgeschichte Capuas etwas heraus zu finden.
Die Tourist-Info am Piazza ähnelt eher einer Bibliothek und ist m.E. ungenügend besetzt. Ein älterer Herr ohne Englischkenntnisse verbringt die Zeit lieber im nahegelegenen Café, scheint aber fundierte Kenntnisse über die befestigten Strukturen zu besitzen. Die Verständigung erfolgt schleppend und in Bildsprache anhand der vorliegenden Unterlagen. Sonst gibt es wenige Informationen für den Touristen. Ein uraltes Infoheft (1993) kommt nach einiger Zeit wiederwillig in meinen Besitz.
Wir marschieren also weiter den Corso Appio entgegen der Verkehrsrichtung in Richtung Nordwesten und erreichen nach knapp 300 Metern die Ponte Romano über den Volturno, mit dem Friedrichstor am anderen Ende. Es wurde im 13.Jh. durch Kaiser Friedrich II. als Triumphtor und Eingang zum Königreich Sizilien aus Marmor errichtet. Leider wurde es durch französische Revolutionstruppen und später im 2. Weltkrieg durch alliierte Bomben weitgehend zerstört.
Auch hier laufen wir einen kleinen Umweg und überqueren den Volturno über die westlich gelegene Via Pier delle Vigne, um einen besseren Blick auf die Ponte Romano zu haben. Durch das Friedrichstor und über die Ponte Romano kehren wir zurück in die Festungsstadt Capua.
Dann geht es halb links zum Piazza Eritrea und von dort quer durch die sehenswerte Cattedrale die Maria Santo Stefano Assunta in Cielo auf den Piazza Duomo. Von dort ein kleines Stück nach links und am Gefallenendenkmal rechts in den Corso Gran Priorato di Malta. Hier durchqueren wir ein Tor, vermutliche eines ehemaligen Kasernengebäudes, und wenden uns dann an der nächsten Ecke wieder nach rechts, um über die Via Ettore Fieramosca zurück zum Piazza dei Giudici zu gelangen.
Dort angekommen entspannen wir kurz in einem der Cafés mit Eis und Espresso und genießen den italienischen Alltagstrubel um uns herum. Dann folgen wir dem Corso Appio in Richtung Südosten, nicht ohne rechts und links in die Lädchen zu schauen oder malerische Innenhöfe zu erkunden, z.B. ggü. des Piazza Guglielmo Marconi. Am Piazza befindet sich auch der Eingang zur Chiesa Saint Annunziata mit ihrer grandiosen Holzkassettendecke. Weiter den Corso Appio hinunter gelangen wir zum schönen Piazza Medaglie d'Oro, der schließlich den Blick auf das Castello delle Pietre mit seinem zinnenbewehrten Turm freigibt, eine mittelalterliche Burg aus dem 11. Jahrhundert. Noch ein Stückchen bis zum Mini-Kreisverkehr und dann geht es rechts auf der Via Napoli über den Festungsgraben zurück zum Ausgangspunkt unseres Spazierganges.
Natürlich kann man den Rundgang beliebig ausdehnen, durch den Festungsgraben wandern und auch noch 1-2 Museen ansteuern. Für uns war dieser Vormittag aber ausreichend und in Verbindung mit dem Amphitheater ein gelungener und abwechslungsreicher Trip mit Geschichte zum Anfassen. Übrigens befindet sich die Zitadelle im Militärgebiet und war leider nicht zu besichtigen.